Verband sozialistischer Mittelschüler (VSM)

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Schon während des Ersten Weltkriegs konstituierte sich eine illegale sozialistische Mittelschülerbewegung, die sich kurz vor Kriegsende in einen sozialistischen und einen kommunistischen Flügel spaltete. Im Dezember 1918 gründeten Paul Felix Lazarsfeld und Ludwig Wagner die "Freie Vereinigung sozialistischer Mittelschüler", die allerdings nur kurze Zeit bestand. Zur Jahreswende 1923/24 entstand die Vereinigung sozialistischer Mittelschüler, deren Obfrau in den Jahren 1925/26 Marie Jahoda war. 1925 wurde schließlich der landesweite Bund Sozialistischer Mittelschüler Österreichs gegründet, der zwischen 1925 und 1933 die Zeitschrift "Der Schulkampf. Organ des Bundes Sozialistischer Mittelschüler Österreichs" herausgab.

Der Bund Sozialistischer Mittelschüler wurde 1934 aufgelöst und 1952/53 als "Verband sozialistischer Mittelschüler" (VSM) neu gegründet.
Der VSM galt lange Zeit als "Elitereservoir" der SPÖ – unter seinen Mitgliedern finden sich u.a. Jura SoyferBruno KreiskyHertha Firnberg,  Heinz FischerHannes AndroschKarl BlechaPeter Kostelka und Rudolf Schicker. In den 1960er Jahren spielte der VSM, der im Dauerkonflikt mit der Parteiführung lag, eine wichtige Rolle in der jungen "linken Szene".

Verband_Soz_Mittelschueler_Abzeichen_WildeisAuch wenn der VSM seine Hauptaufgabe in der sozialistischen Grundlagenschulung und der Rezeption der austromarxistischen Klassiker sah, engagierten sich seine Mitglieder stets sehr aktiv zu tagespolitischen Themen, etwa der Olah-Affäre, zu Fragen des Rechtsextremismus (Borodajkewycz-Demonstration), und natürlich auch zu Fragen der internationalen Politik. Das im Umfeld kritischer Lehrer und Schüler herausgegebene "Kleine rote Schülerbuch" wurde auch vom VSM eifrig vertrieben. Die provokante Schülerfibel war bewusst dem Format der "Mao-Bibel" nachempfunden und enthielt ausführliche Informationen über Schülerrechte – und ein Kapitel, das sich gegen die allgemeine Lustfeindlichkeit wandte und Sexualaufklärung leistete, als diese noch ein gesellschaftliches Tabu war. 1971 zählte der VSM etwa 6.700 Mitglieder; 1973 trennte er sich wegen andauernder Konflikte von der SPÖ und wurde danach rasch zu einer unbedeutenden Splittergruppe.

Literatur: Wilhelm Svoboda, Revolte und Establishment, 1986.