Lichtblau, Ernst

24.6.1883, Wien – 8.1.1963, Wien

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Ernst Lichtblau studierte von 1902 bis 1905 Architektur in der Meisterklasse Otto Wagners an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Von 1906 bis 1914 unterrichtete er an der Höheren Staatsgewerbeschule in Wien, die ihm 1913 den Professorentitel zuerkannte. Ab 1912 war Lichtblau Mitglied des "Deutschen Werkbundes" und 1914 Gründungsmitglied des "Österreichischen Werkbundes". Zeitweise arbeitete er mit Josef Hoffmann in dessen Büro sowie mit den "Wiener Werkstätten" zusammen und fertigte auch Entwürfe für kunstgewerbliche Gegenstände an.

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Ab 1914 war Lichtblau hauptsächlich als freiberuflicher Architekt tätig. Bekannt wurde sein 1914 für Ida Hoffmann errichtetes Haus, 13., Wattmanngasse 29, das wegen seiner ungewöhnlichen Fassadengestaltung mit dunkelbraunem Majolikaschmuck im Volksmund als "Schokoladenhaus" bezeichnet wurde. Unter seiner Leitung oder Mitarbeit entstanden auch zahlreiche Gemeindebauten, darunter der 1929 bis 1932 gemeinsam mit Leopold Bauer, Hans Glaser und Karl Scheffel errichtete Paul-Speiser-Hof in Floridsdorf. Ernst Lichtblau war auch Leiter der 1929 gegründeten "Beratungsstelle für Inneneinrichtung".

Lichtblau war immer wieder an nationalen und internationalen Ausstellungen beteiligt. Anfangs noch vom Jugendstil geprägt, entwickelte er sich zu einem Hauptvertreter der klassischen Moderne. Besondere Aufmerksamkeit erregte sein Fremdenverkehrspavillon auf der Wiener Werkbundausstellung von 1930.

Lichblau_Schule_TF_Digi1939 musste Lichtblau wegen seiner "jüdischen Herkunft" in die USA emigrieren, wo er zunächst die Präsentationen und Ausstellungen der Firma R. H. Macy & Company in New York gestaltete. 1945 nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an und begann an der Cooper Union Art School als "Design Instructor" für Textilien zu unterrichten. 1947 wurde Lichtblau Professor am Institut für Innenarchitektur an der Rhode Island School of Design, 1948 Institutsvorstand, 1953/54 Dekan der Architekturfakultät.

Ernst Lichtblau kehrte erst in den 1950er Jahren zeitweise nach Wien zurück und erhielt hier Bauaufträge von der Gemeinde. Die Fertigstellung seiner Schule in der Grundsteingasse 48-56 in Ottakring erlebt er nicht mehr. Der Park im Bereich Diehlgasse / Einsiedlergasse / Siebenbrunnengasse im 5. Bezirk wurde Ernst-Lichtblau-Park benannt. Seit 1990 gibt es auch die Lichtblaustraße in der Donaustadt.

Werke: Wohnhaus 12., Linzackergasse, 1913; Wohnhaus 13., Wattmanngasse, 1914; 5., Julius-Ofner-Hof, 1926/27; 21., Paul-Speiser-Hof, (Bauteil II), 1929–1932; Doppelhaus 13., Werkbundsiedlung, 1930–1932; Hauptschule 16., Grundsteingasse 48, 1962-63 (mit N. Schlesinger).
Literatur: Franco Borsi und Ezio Godoli, Wiener Bauten der Jahrhundertwende, 1985; August Sarnitz, Ernst Lichtblau. Architekt 1883–1963. Gestell und Gestalt im Raum. Reflexionen über ein Paradigma der modernen Architektur, 1994.