Kautsky, Wilhelmine (geb. Jaich)

11.6.1837, Graz – 20.12.1912, Berlin

K

Das Weib soll nicht dienen, es soll aber auch nicht herrschen;
in dem einen Verhältnis entwürdigt es sich selbst, in dem anderen den Mann.
 

Minna Kautsky war die Tochter des Theatermalers Anton Jaich, der ab 1845 mit seiner Familie in Prag lebte. Minna heiratete 1854 den Landschafts- und Theatermaler Johann Kautsky, mit dem sie eine Tochter und drei Söhne hatte, und trat an verschiedenen Bühnen in Böhmen und Mähren als Schauspielerin auf. Wegen eines chronischen Lungenleidens musste sie den Schauspielerberuf 1861 jedoch aufgeben. Von 1863 bis 1904 lebte die Familie in Wien, wo Johann Kautsky eine Anstellung als Hoftheatermaler angenommen hatte.

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Minna Kautsky begann unter den Pseudonymen "Eckert" und "Wilhelm Wiener" Erzählungen und Gedichte zu verfassen und wurde schließlich eine erfolgreiche Erzählerin und Romanautorin. 1870 trat sie dem Wiener Schriftsteller- und Künstlerverein bei und amtierte zeitweilig sogar als dessen Präsidentin.

Beeinflusst durch ihren Sohn Karl Kautsky wurde sie mit sozialistischen Ideen bekannt und machte als eine der ersten Schriftstellerinnen die Arbeiter- und die Frauenfrage zu Themen ihrer Romane und Erzählungen, die fast alle zunächst in sozialistischen Zeitschriften erschienen und ihr den Beinamen "die rote Marlitt" (nach der Bestsellerautorin E. Marlitt) eintrugen. Minna Kautsky war mit Victor AdlerWilhelm Liebknecht und Rosa Luxemburg befreundet und besuchte 1885 Friedrich Engels in dessen Londoner Exil. 1904 übersiedelte sie zu ihrem Sohn Karl nach Berlin.

Das Frauenreferat der Stadt Graz veranstaltete von 1998 bis 2010 einen jährlich stattfindenden Minna Kautsky Literaturwettbewerb, bei dem Grazer Schriftstellerinnen in den Kategorien Lyrik und Prosa ausgezeichnet wurden.

Werk: - Dramen: Madame Roland, 1878. - Romane: Stefan vom Grillenhof, 1879; Herrschen oder Dienen?, 1882; Die Alten und die Neuen, 1884; Viktoria, 1889. - Gesammelte Romane und Erzählungen, 2 Bd. 1914.
Literatur: Miriam Buchholzer, Pazifismus am Beispiel ausgewählter Werke von Bertha von Suttner und Minna Kautsky, 2006; Eva Ertl, Minna Kautsky. Von den Anfängen weiblicher Literaturproduktion im Umfeld der sozialdemokratischen Bewegung, 1989; Caecilia Friedrich, Minna Kautsky. Beitrag zur Entstehungsgeschichte der sozialistischen deutschen Literatur, 1963; Heidy Margrit Müller, Sozialkritik und Zukunftshoffnung. Minna Kautsky, 1999.