Pittermann, Bruno

3.9.1905, Wien – 19.9.1983, Wien

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Als Sohn einer Arbeiterfamilie musste sich Bruno Pittermann sein Philosophiestudium hart erarbeiten. 1928 wurde der junge Doktor Lehrer an einer technischen Mittelschule, 1929 Angestellter der Arbeiterkammer in Klagenfurt. Als Parteimitglied in verschiedenen Funktionen tätig, wurde Pittermann 1934 inhaftiert, verlor seinen Posten und lebte von Gelegenheitsarbeiten. Während der Zeit des Austrofaschismus war Pittermann in der illegalen Bewegung der Revolutionären Sozialisten tätig und absolvierte "nebenbei" das Studium der Rechtswissenschaften.

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1938 trat Pittermann als Angestellter in eine Rechtsanwaltskanzlei ein und überstand den Krieg in Wien.

1945 zog der "doppelte Doktor" über ein Reststimmenmandat im Wahlkreisverband Wien in den Nationalrat ein, dem er bis 1971 angehörte. Bruno Pittermann zählt mit Sicherheit zu den bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte des österreichischen Parlamentarismus; seine Schlagfertigkeit und sein sprühender, bisweilen bissiger Witz waren beim politischen Gegner gefürchtet.

Pittermann war zunächst engster Mitarbeiter von Johann Böhm im Staatsamt für soziale Verwaltung, danach Erster Sekretär der wiedererstandenen Wiener Arbeiterkammer und von 1950 bis 1957 stellvertretender SPÖ-Landesparteiobmann in Wien.

Nach der Wahl Adolf Schärfs zum Bundespräsidenten wurde Bruno Pittermann am 8. Mai 1957 zum Vorsitzenden der SPÖ gewählt und zwei Wochen später als Vizekanzler angelobt. Er hatte erheblichen Anteil an der Endfassung des neuen, 1958 beschlossenen Parteiprogramms, das das umstrittene Linzer Programm von 1926 ersetzte und einen teilweisen Bruch mit der Gedankenwelt des Austromarxismus vollzog.

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Innerparteilich erwuchs Bruno Pittermann, dem oft eine gewisse Führungsschwäche vorgeworfen wurde, in der Person des Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Innenminister Franz Olah bald ein mächtiger Gegner, der schließlich sogar den Führungsanspruch stellte. Der Konflikt führte zu einer schweren Parteikrise und endete 1964 mit dem Parteiauschluss Olahs, der bei den einfachen Funktionären große Sympathien genoss.

Nachdem die ÖVP bei den Wahlen am 6. März 1966 mit 85 von 165 Mandaten die absolute Mehrheit errungen hatte, musste Bruno Pittermann 1967 den Parteivorsitz an Bruno Kreisky abgeben. Er selbst kehrte als Klubobmann ins Parlament zurück und blieb auch noch bis 1976 Präsident der Sozialistischen Internationale. Seine politischen Funktionen legte Pittermann bereits 1971 zurück.

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Der Dr.- Bruno-Pittermann-Platz in Meidling wurde 1991 nach dem früheren Parteivorsitzenden, der von 1958 bis zu seinem Tod am Hohenfelsplatz 3 wohnte, benannt.

Werk: Mensch und Staat. Handbuch der österreichischen Politik, hrsg. von Bruno Pittermann, 2 Bd., 1962; Das Zeitalter der Zusammenarbeit. Reden aus zwei Jahrzehnten, 1966.
Literatur: Heinz Fischer (Hrsg.), Bruno Pittermann. Ein Leben für die Sozialdemokratie, 1985; Friedrich Weissensteiner, Vizekanzler Bruno Pittermann, WZ-online.