Pernerstorfer, Engelbert

27.4.1850, Wien - 6.1.1918, Wien

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Engelbert Pernerstorfer war der Sohn eines Schneidermeisters; sein Vater starb, als Engelbert erst vier Jahre alt war. Obwohl die Familie dadurch in bittere Not geriet, konnte Pernerstorfer das Schottengymnasium besuchen, wo er sich mit seinem Mitschüler Victor Adler anfreundete. Als junger Mann schloss sich Pernerstorfer der deutschnationalen Bewegung um Georg von Schönerer an. Ab 1881 war er Mit- und ab 1883 alleiniger Herausgeber und Redakteur der Zeitung "Deutsche Worte" und 1882 – gemeinsam mit Victor Adler – Mitverfasser des deutschnationalen Linzer Programms, das die Stärkung des "deutschen Charakters" der westlichen Hälfte der österreichisch-ungarischen Monarchie zum Ziel hatte. Wegen Schönerers radikalem Antisemitismus sagte er sich allerdings bald von den Deutschnationalen los.
 
DerStrom_TF2_BO21885 wurde Pernerstorfer im Wahlbezirk Wiener Neustadt-Neunkirchen als Unabhängiger in den Reichsrat gewählt. Hier vertrat er als Mitglied der Fabier-Gesellschaft die Interessen der sozial Schwachen und setzte sich für das allgemeine Wahlrecht ein. 1896 trat er schließlich der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei; ein Jahr später verlor er seinen Sitz im Parlament. Als die Sozialdemokraten bei den Reichsratswahlen 1901 in Wien zwei Mandate erobern konnten, zog Engelbert Pernerstorfer gemeinsam mit Franz Schuhmeier wieder ins Parlament ein.

Pernerstorfer war auch Mitarbeiter der Arbeiter-Zeitung, gründete mit Leopold Winarsky und Stefan Großmann 1906 die "Wiener Freie Volksbühne", deren Ziel es war, der Arbeiterschaft ein anspruchsvolles und bezahlbares Theater zu bieten, und gab ab 1911 die kulturpolitische Zeitschrift "Der Strom" heraus.

1907 wurde Pernerstorfer zum Obmann des sozialdemokratischen Parlamentsklubs und als erster Sozialdemokrat zum Vizepräsidenten des Reichsrates gewählt. In der Partei war er wegen seines sozialen Engagements und seiner großen Erfahrung als Parlamentarier hoch geschätzt, wegen seiner betont deutschnationalen Haltung jedoch auch umstritten.

Engelbert Pernerstorfer wurde am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Die gemeinsame Ehrengrabstätte für Engelbert Pernerstorfer, Victor AdlerKarl SeitzOtto Bauer und Friedrich Adler wurde nach einem Entwurf von Hubert Gessner gestaltet und 1926 enthüllt.

Der in den Jahren 1925/26 nach Plänen von Camillo Fritz Discher und Paul Gütl errichtete kommunale Wohnbau, 10., Troststraße 68-70, trägt den Namen Pernerstorferhof.
 
Die Pernerstorfergasse (vorher "Eugengasse") in Favoriten wurde bereits 1919 nach dem Abgeordneten benannt.

Werk: Zeitfragen, 1918.
Literatur: Madeleine Wolensky, Pernerstorfers Harem und Viktor Adlers liebster Besitz oder zwei sozialistische Bibliophile, ihre Bücher und die Arbeiterkammerbibliothek, 1994.