Kinderfreundeschule Schönbrunn

13., Schloss Schönbrunn

Kinderfreundeschule_head_neu_hweiss_kf

K

Das kaiserliche Sommerschloss Schönbrunn ging, ebenso wie der übrige Habsburgerbesitz, nach dem Ersten Weltkrieg in das Eigentum der Republik über. Auf Initiative von Vizebürgermeister und Stadtrat Max Winter wurde das Prunkschloss kurz darauf einer doppelten Verwendung mit symbolischer Bedeutung zugeführt: Die Repräsentationsräume wurden dem Kriegsbeschädigtenfonds übergeben; Führungen durch die bis dahin der Öffentlichkeit unzugänglichen Räume sollten Einnahmen zugunsten der Kriegsopfer erbringen. Und weil die Kinder im hungernden Wien zu den ärmsten Opfern des Krieges gehörten, wurden zwei Drittel des zweiten und der gesamte dritte Stock den Kinderfreunden zur Benutzung zugeteilt; insgesamt waren das 84 Räume!

Kinderfreundeschule_TF2_HWeiss_KFWährend der Kriegsbeschädigtenfonds bald auf seine Rechte verzichtete, weil die Einnahmen weit hinter den Erwartungen zurückblieben, richteten die Kinderfreunde im Schloss eine Erzieherschule mit Internat unter der Leitung von Otto Felix Kanitz, ein Kinderheim unter der Leitung von Anton Tesarek und eine Bibliothek mit Lesesaal ein.

Als Lehrkräfte konnten bedeutende Persönlichkeiten gewonnen werden: Alfred Adler lehrte Psychologie, Jenny Adler Gesundheitslehre, Max Adler Soziologie. Gerda Kautzky-Brunn unterrichtete Geographie, Marianne Pollak Englisch und Josef Luitpold Stern Literatur.

Kinderfreundeschule_TF_HWeiss_KF

Das Reichssekretariat der Kinderfreunde unter der Leitung von Alois Jalkotzy und der Verlag Jungbrunnen waren ebenfalls im Schloss untergebracht. In drei Jahrgängen von 1919 bis 1924 wurden über 100 junge Menschen ausgebildet. Dann musste die Erzieherschule aus finanziellen Gründen geschlossen werden.

Nach dem Verbot der Kinderfreunde am 12. Februar 1934 mussten Kinder, Erzieher und Lehrer das Schloss verlassen. Erst 1950 wurde den Kinderfreunden als teilweise Wiedergutmachung die Errichtung eines Kindergartens im linken Teil des Gardetrakts ermöglicht.

Literatur: Jakob Bindel (Hrsg.), Die Schönbrunner. Vision, Erfüllung, Ausklang, 1990; Heinz Weiss, Das Rote Schönbrunn. Der Schönbrunner Kreis und die Reformpädagogik der Schönbrunner Schule, 2008.