Rabenhof

3., Baumgasse 29-41, Rabengasse 1-9, 2-12

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Die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien wurde in den Jahren 1925 bis 1929 nach Plänen von Heinrich Schmid und Hermann Aichinger auf dem Gelände der ehemaligen Krimsky-Kaserne errichtet und im September 1929 feierlich eröffnet. Im Jahr 1931 wurde die Anlage nach dem früheren Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung und Nationalratsabgeordneten Friedrich Austerlitz (1862–1931) benannt.

Obwohl das 50.000 m2 große Grundstück nur zu 38% bebaut ist, war der Hof mit insgesamt 1.097 Wohnungen eine der größten Wohnhausanlagen Wiens. Die "romantisch-kleinstädtische" Lösung ist als eigenständige Antwort auf den schwierigen, verzweigten Bauplatz zu sehen. Die Anlage besteht aus einer malerischen Abfolge von Höfen, Durchgängen, Plätzen und Straßen und besticht durch eine Fülle expressionistischer Details, etwa in den Balkon- und Loggiengruppen oder in den Mustern der Klinkerverkleidungen.

TF6_Rabenhof_Wiener_Wohnen_Bausteine_Foto_Gerry_FrankCharakteristisch ist die starke Differenzierung der einzelnen Bauteile, wie des freistehenden Hochhauses oder der zahlreichen Terrassen, Treppen und Pergolen. Sehr eindrucksvoll ist auch der riesige Spitzbogenbau bei der Einfahrt vom Kardinal-Nagl-Platz.

Der Hof enthält u.a. auch eine Zentralwäscherei, einen Kindergarten, eine Kinderzahnklinik, ein Krankenkassenlokal, ein Arbeiterheim, ein Parteilokal, eine Bibliothek und 38 Geschäftslokale. Bis 1934 befand sich hier auch das Volkshaus mit dem Bezirkssekretariat der Landstraßer Sozialdemokraten. Im daran angeschlossenen Kinosaal, in dem neben Filmvorführungen auch andere Veranstaltungen – etwa der Arbeitersänger oder der Naturfreunde – abgehalten wurden, hat seit 1990 das Rabenhof-Theater seinen Sitz. Der Rabenhof ist ein Höhepunkt der städtischen Wohnbautätigkeit der zwanziger Jahre und eine der sehenswertesten Wohnhausanlagen des "Roten Wien".

 

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Am 13. Februar 1934 wurden der Hof und die umliegenden Häuser nach kurzem, aber heftigem Gefecht vom Bundesheer besetzt. Dabei wurden zwei Schutzbündler getötet. Die Austrofaschisten benannten die Wohnhausanlage 1935 nach der Rabengasse, die ihren Namen wiederum von dem spätbarocken Hausschild "Zum Raben" erhalten hatte.

Nach 1945 wurde es verabsäumt, diese Änderung zu widerrufen, zumal 1949 eine Wohnhausanlage in Ottakring Austerlitzhof benannt worden war.

Nach der Behebung der Kriegsschäden erhielt der Rabenhof 1954 eine Spielplastik von Josef Schagerl und 1959 die Natursteinplastik "Musizierende Kinder" von Margarete Hanusch als künstlerischen Schmuck. An der Fassade in der Baumgasse wurde eine Gedenktafel für die während der NS-Zeit hingerichtete Widerstandskämpferin Grete Jost (1916–1943) enthüllt.

TF12_Rabenhof_Wiener_Wohnen_Bausteine_Foto_Gerry_FrankIn den Jahren 1987 bis 1992 wurde der Rabenhof um 32 Millionen Euro saniert; dabei wurden Aufzüge eingebaut, Fenster und Gehwege erneuert, die Fassaden mit Wärmeschutz versehen und die Grünflächen neu gestaltet.

Die Gesamtwohnungsanzahl liegt seit der Sanierung bei 1.138.

Literatur: Hans und Rudolf Hautmann, Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919–1934, 1980; Helmut Weihsmann, Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919–1934, 1985/2002; Walter Zednicek, Architektur des Roten Wien, 2009.