Gratz, Leopold

4.11.1929, Wien – 2.3.2006, Wien

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Leopold Gratz wurde in Wien-Ottakring als Sohn eines Bankbeamten geboren, arbeitete bereits in seiner Jugend aktiv in verschiedenen Organisationen der SPÖ mit und gehörte unter anderem der Gründergeneration des VSStÖ nach 1945 an. Gratz studierte Rechtswissenschaften und begann seine berufliche Karriere als Vertragsbediensteter im Landesarbeitsamt Wien. Er wechselte jedoch bald in die Politik und wurde Klubangestellter. 1963 wurde Leopold Gratz Zentralsekretär der SPÖ und in den Bundesrat entsandt.

1966 zog er als Abgeordneter in den Nationalrat ein, dem er bis 1973 sowie neuerlicTF_Gratz2_Klubh von 1986 bis 1989 angehörte. Von Bundeskanzler Bruno Kreisky wurde Gratz 1970 als Bundesminister für Unterricht und Kunst in die Regierung geholt.

1973 trat Leopold Gratz das schwierige Erbe von Felix Slavik als Wiener Bürgermeister an. Gratz förderte die direkte Demokratie (Volksbefragung 1980), holte den populären Helmut Zilk als Stadtrat für Kultur und Bürgerdienst und den noch weitgehend unbekannten Michael Häupl für die von der Stadt lange Zeit vernachlässigte Umweltpolitik. Unter seiner elf Jahre dauernden Ära als Wiener Bürgermeister nahm die Donauinsel Gestalt an, wurde das Freizeitzentrum Oberlaa eröffnet und mit dem Bau der EBS und der neuen Hauptkläranlage begonnen.

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Leopold Gratz' Amtszeit war aber auch von Skandalen und Affären überschattet: Der Bauring- und der AKH-Skandal, die Misere um das Rinter-Müllzelt und der Reichsbrückeneinsturz am 1. August 1976 bleiben u.a. auch mit seinem Namen verbunden.

Gratz, der lange Zeit als einer der "Kronprinzen" Bruno Kreiskys galt und 1976 auch Landesparteivorsitzender der Wiener SPÖ wurde, übergab sein Amt im September 1984 an Helmut Zilk und übernahm im Kabinett Sinowatz den Posten des Bundesministers für Auswärtige Angelegenheiten (1984–1986). Danach fungierte er als Erster Präsident des Nationalrates (1986–1989).

Die Lucona-Affäre, die letzten Endes zur Verurteilung seines langjährigen Freundes Udo Proksch wegen mehrfachen Mordes führte, machte der politischen Karriere des Leopold Gratz ein Ende; Anfang 1989 trat er von allen politischen Funktionen zurück. In der Noricum-Waffenexport-Affäre wurde Gratz 1990 angeklagt, jedoch in allen Punkten freigesprochen.

Im Jahr 2010 wurde die neu gestaltete Verkehrsfläche am Schnittpunkt Reichsratsstraße / Schmerlingplatz im 1. Bezirk Leopold-Gratz-Platz benannt.

Literatur: Leopold Gratz zum 70. Geburtstag, 1999.

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