Goethehof

22., Schüttaustraße 1-39

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Die in den Jahren 1928 bis 1930 nach Plänen von Hugo MayerRudolf FrassViktor MittagKarl HauschkaHeinrich SchopperAlfred Chalusch und Johann Rothmüller errichtete Wohnhausanlage der Gemeinde Wien umfasste ursprüngich 727 Wohnungen sowie zahlreiche Folgeeinrichtungen und Geschäftslokale, und wurde nach dem deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) benannt.

Der relativ niedrige und für eine Anlage dieser Größe wenig pompöse Mittelteil ist weit zurückversetzt und bildet eine Art Vorhof. Über der Einfahrt befinden sich drei Plastiken, zwei Musiker und eine Tänzerin.

Dahinter öffnet sich der große, teils begrünte, teils als Parkplatz dienende Haupthof, der stilistisch eher zurückhaltend und sachlich (mit Loggien und flachen Erkern) konzipiert wurde. An seinem Nordrand markieren zwei pylonartige Wohntürme mit übereck laufenden Balkonen und zentralen, vertikal verglasten Stiegenhäusern den Ausgang zum "Kaiserwasser".

Im Westen schließt sich ein parkartiger Hof mit einem großen, freistehenden Kindergartengebäude an, ausgestattet nach Plänen des Wiener Architekturbüros Singer & Dicker unter der Leitung von Franz Singer (1896–1954) und Friedl Dicker (1898–1944) unter Berücksichtigung der Prinzipien Maria Montessoris. Die großen, klar gegliederten Räume sollten etwa zur Hälfte unbestellt bleiben, die Einrichtungsgegenstände an Kraft und Größe der Kinder angepasst sein. Außerdem gab es ein ausgeklügeltes Farbleitsystem um den Kindern die Orientierung zu erleichtern und ihren Tagesablauf zu strukturieren.

Im östlichen Seitenhof wurde zusätzlich ein langer Wohnblock quer in den Hof gestellt. Das etwas merkwürdige Nebeneinander von expressiven und sachlich-kubischen Stilelementen fällt hier besonders stark auf. Außerhalb dieses Seitentraktes liegt die große Bibliothek. Die an der Ecke angebrachte Sonnenuhr mit keramischen Tierkreiszeichen stammt von Alfred Chalusch und dem Bildhauer Oskar Thiede.

Der Goethehof war im Februar 1934 besonders hart umkämpft. Am 14. Februar brachte das Bundesheer am rechten Donauufer, etwas unterhalb der Reichsbrücke, Feldhaubitzen und Kanonen in Stellung, die am Nachmittag das Feuer eröffneten.
Goethehof_TF_1934_BO16 Das "Café Goethehof" wurde in Brand geschossen, nach Einbruch der Dunkelheit auch das alte Eiswerk, das hinter dem Goethehof am "Kaiserwasser" lag. Im Laufe der Nacht gaben die Schutzbündler den aussichtslosen Kampf auf.
Zur Erinnerung an diese Ereignisse wurde 1984 eine von Franz Pixner gestaltete Gedenktafel angebracht.
Durch einen Dachausbau verfügt der Goethehof heute über 785 Wohnungen.

Aufgrund der energieeffizienten Sanierung erhielt der Goethehof 2020 den ETHOUSE-Preis, 2022 eröffneten die Wohnpartner im ehemaligen "Café Goethehof" das Grätzl-Zentrum Kaisermühlen.

Literatur: Hans und Rudolf Hautmann, Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934, 1980; Helmut Weihsmann, Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934, 1985/2002; Walter Zednicek, Architektur des Roten Wien, 2009, Wohnpartner, Goethehof – zwischen Dorfidylle und Weltmetropole, 2014.